Drei Fragen an ... Carolina Plescia

25.09.2019

Im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Universität Wien und der Universität LUISS in Rom führte Carolina Plescia eine Vor- und Nachwahl-Befragung rund um die österreichische Nationalratswahl 2017 durch. Im Mittelpunkt der Studie standen die von den Parteien gesetzten Themen.

Worum geht es in Ihrer Studie?

Um Wahlen zu gewinnen setzen die Parteien auf unterschiedliche Strategien. In dieser wissenschaftlichen Arbeit untersuchten wir Strategien der Parteien während des Österreichischen Wahlkampfes 2017, um herauszufinden, auf welche Strategie sich die Österreichische Volkspartei (ÖVP) am meisten verlassen hat. Wir erforschten insbesondere, ob sich die ÖVP nur auf Themen konzentriert hat, die den WählerInnen am meisten am Herzen lagen, oder ob die ÖVP ihre Kampagne auf all jene Themen zugeschnitten hat, die echte Chancen für Wahlzugewinne ('electoral expansion') boten. Zu diesem Zweck haben wir zwei Arten von Daten erhoben: Einerseits haben wir eine Meinungsumfrage durchgeführt, die darauf abzielte, die Prioritäten der WählerInnen, ihre ideologischen Positionen und die Glaubwürdigkeit der von den Parteien wahrgenommenen Themen bei mehr als dreißig politischen Themen zu erfassen; andererseits haben wir Daten über die Kommunikation der Parteien zu denselben politischen Themen gesammelt, indem wir uns auf Twitter-Feeds der Parteien und ihren führenden KandidatInnen während des gesamten Wahlkampfzeitraums konzentrierten. Die Datenerhebung orientiert sich eng an den Studien, die in anderen Ländern durchgeführt wurden und am Issue Competition Comparative Project (ICCP) unter der Leitung der Universität LUISS in Rom beteiligt waren. 

Was ist Ihrer Meinung nach der spannendste Aspekt Ihrer Studie? Gab es überraschende Ergebnisse?

Neben der Zugehörigkeit zu einem großen ForscherInnen-Team aus sechs europäischen Ländern war der spannendste Aspekt dieser Studie, einige der von den Medien vorgebrachten Spekulationen über den bemerkenswerten Sieg der ÖVP bei den Wahlen 2017 zu prüfen. Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich die ÖVP nicht nur auf Themen wie Zuwanderung konzentriert hat, sondern alle verfügbaren Möglichkeiten strategisch genutzt hat, um all jene Themen, wie z.B. Wirtschaftswachstum, zu berücksichtigen, bei denen sich die langfristigen, zentralen Präferenzen der UnterstützerInnen mit denen der übrigen WählerInnen decken. Diese Strategie stand im klaren Gegensatz zu den unterlegenen Parteien der Österreichischen Nationalratswahl 2017, insbesondere den Grünen.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Daten frei zugänglich zu machen?

Es gibt immer mehr Bestrebungen, der Gemeinschaft Forschungsdaten zugänglich zu machen, was eine nachprüfbare und replizierbare Wissenschaft ermöglicht. Durch die Bereitstellung von Daten wollen wir auch andere Forschende ermutigen, diese zur Untersuchung ergänzender Forschungsfragen zu nutzen, und so einen weiteren Beitrag zum Verständnis der öffentlichen Meinung und politischer Repräsentation zu leisten. 

  •  Carolina Plescia ist Hertha Firnberg Post-Doctoral Research Fellow am Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen öffentliche Meinung, Wahlverhalten und politische Repräsentation. Sie hat u.a. in den wissenschaftlichen Fachzeitschriften Political Psychology, West European Politics, Electoral Studies und Party Politics publiziert.

Carolina Plescia (Foto: Aisling Finn Photography)