Wo und woran arbeiten Österreichs SozialwissenschaftlerInnen? Bislang gibt es keine aktuelle systematische Antwort auf diese Frage. Ziel des Projekts „Mapping the field“ war nicht nur herauszufinden, wo sich die Sozialwissenschaften konzentrieren, sondern auch Erkenntnisse hinsichtlich der angewandten Methoden und wissenschaftlichen Forschungsprojekte seit 2016 zu generieren.
So wurden diesen Sommer von den jeweiligen Web-Auftritten, Online-Lehrplattformen und Forschungsdokumentationsdatenbanken der öffentlichen und privaten Universitäten, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen Österreichs Daten erhoben. Obwohl die Ausgangsbasis der Recherche die offiziellen Klassifikationen der ÖFOS 12 (Österreichische Systematik der Wissenschaftszweige) waren, gab es von Beginn an mehrere Herausforderungen bei der Datensammlung. Es konnte eine große Diskrepanz zwischen den Institutionen bezüglich des Verständnisses von Sozialwissenschaften festgestellt werden. Dabei wurden beispielsweise dieselben Fächer von manchen Einrichtungen als Sozialwissenschaften geführt, während andere diese als Naturwissenschaften klassifiziert haben. Zudem gab es keine standardisierten Job-Titel und keine vordefinierten Rollenprofile. Jedoch war die größte Herausforderungen im Erhebungsprozess, dass einige Institutionen keine vollständigen Informationen zu sowohl Curricula als auch Forschungsprojekten zu Verfügung stellen. Vor allem die Dokumentation der Eigenprojekte war sehr unsystematisch und wurde deshalb aus der Analyse ausgeklammert, um einen Bias zu vermeiden. Die Tatsache, dass eine Untererfassung nicht ausgeschlossen werden kann, muss insofern bei der Interpretation der Ergebnisse mitberücksichtigt werden.
Erste Ergebnisse: Wien als Zentrum für Sozialwissenschaften in Österreich
An österreichischen sozialwissenschaftlichen Institutionen arbeiten mehr als 3.000 WissenschaftlerInnen, die 724 Forschungsprojekte seit 2016 bearbeitet haben. Hinsichtlich der regionalen Verteilung ist zu beobachten, dass Wien der sozialwissenschaftliche Mittelpunkt Österreichs ist. Ungefähr 45 % aller WissenschaftlerInnen arbeiten in der Hauptstadt, mehrheitlich an öffentlichen Universitäten. Andererseits zeigt die regionale Verteilung von Fachhochschulen (803 Personen) keine Ausreißer dieser Art. Hier sind die erfassten Bundesländer in ähnlichem Ausmaß vertreten.
Fast ein Viertel aller SozialwissenschaftlerInnen in Österreich waren zumindest in einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt beteiligt und hat somit dazu beigetragen, empirische Daten zu generieren. Annähernd 20 % aller SozialwissenschaftlerInnen unterrichten im Bereich empirischer Methoden. Wie die Grafik zeigt, arbeiten mehr als 40 % aller Forschenden aktiv mit empirischen Daten. Dies entweder in Form von Datengenerierung oder durch die Nutzung von empirischen Daten in der Methodenlehre. Rechnet man die Fächer, die den Wirtschaftswissenschaften zugerechnet werden – wie beispielsweise Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre, deren Forschungsleistung nicht auf Grundlage klassischer empirischer Forschung zustande kommt, sind es sogar 60 % der WissenschaftlerInnen, die aktiv mit empirischen Daten arbeiten.
Des Weiteren demonstrieren diese Ergebnisse auch, dass eine bedeutende Anzahl an WissenschaftlerInnen gibt, die weder Daten produzieren noch Lehrende von empirischen Methodenkursen sind.
Die Ergebnisse aus dieser Ersterhebung werden unter anderem in eine wissenschaftliche Publikation münden. In einem nächsten Schritt werden die Interessen und Bedürfnisse der untersuchten Gruppe im Rahmen einer Umfrage identifiziert.